„LAW@BIM“ ist eine neue Initiative unter dem Dach von buildingSMART International. Ziel ist die Förderung des internationalen Wissensaustausches über die rechtlichen Aspekte von Building Information Modeling (BIM). Einer der Initiatoren ist unser Vorstandsmitglied und einer der Leiter unserer Fachgruppe Recht, Rechtsanwalt Eduard Dischke. Er berichtet vom ersten Arbeitstreffen am 26. März 2019 in Düsseldorf.
„LAW@BIM“ - Eine neue Initiative zur Förderung des internationalen Wissensaustausches über die rechtlichen Aspekte der digitalen Planungsmethode „Building Information Modeling (BIM)“
Von Rechtsanwalt Eduard Dischke*
Im Rahmen des in Düsseldorf stattfindenden buildingSMART International Standards Summit kam unter dem Motto „LAW@BIM“ am 26. März 2019 erstmals eine internationale Gruppe von Juristen und an den rechtlichen Themen der digitalen Planungsmethode „Building Information Modeling (BIM)“ interessierten Praktikern zu einer Arbeitssitzung zusammen, um die mit der Einführung der umfassenden Digitalisierung in der Planungs- und Baubranche einhergehenden Herausforderungen einer näheren Betrachtung zu unterziehen und sich insbesondere über die rechtlichen Rahmenbedingungen sowie vertraglichen Lösungsmöglichkeiten auszutauschen. Die Teilnehmer kamen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich, den Niederlanden, Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Italien, dem Vereinigten Königreich, Brasilien, Kanada, Hongkong und Japan.
In sowohl kenntnisreicher als auch der interdisziplinären Ausrichtung der Veranstaltung Rechnung tragender Weise moderiert wurde der gesamte Sitzungstag von Rechtsanwältin Dr. Kathrin Korte (Building Technologies Division, Siemens Schweiz). Ziel der Veranstaltung war es insbesondere, einen gemeinsamen Wissens- und Erfahrungsaustausch über den Umgang mit der innovativen BIM-Planungsmethode in den verschiedenen Ländern anzustoßen und auf diesem Wege unterschiedliche Lösungsansätze in der legislativen und vertraglichen Umsetzung kennenzulernen. Hierbei stellte sich heraus, dass BIM übergreifend als effizientes und potentiell kostensparendes sowie risikominimierendes Planungsinstrument begrüßt wird und einzelne Länder bereits auf einen erheblichen Erkenntnisvorsprung verweisen können. Insofern versteht sich die neue Initiative als aus Sicht der Teilnehmer willkommene Ergänzung der verschiedenen Foren, in denen ein solcher Wissensaustausch bereits stattgefunden hat.
1. Vergaberecht
In einem ersten Block wurde in drei Vorträgen über die vergaberechtlichen Spezifika bei der Ausschreibung von Projekten mit Berücksichtigung der digitalen Planungsweise eingegangen. Zunächst berichtete Rechtsanwalt Dr. Philipp J. Marboe (Wolf Theiss, Wien) über die einschlägigen EU-Richtlinien 2014/24/EU, 2014/25/EU, 2014/23/EU und 2009/81/EC und die in Österreich erfolgte Umsetzung im Bundesvergabegesetz, mit welchem keine Verpflichtung zur Ausschreibung von BIM-Inhalten kodifiziert wurde. Es sei Sache des Auftraggebers, das BIM-Leistungsziel zu beschreiben und die gewünschte Leistung durch technische Spezifikationen näher darzustellen, um den gesetzlichen Vorgaben einer eindeutigen, vollständigen und neutralen Leistungsbeschreibung gerecht zu werden, ohne den Kreis der potentiellen Bewerber bzw. Bieter von vornherein unzulässig einzuengen.
Sodann trug Dr. Evelien Bruggeman (Instituut voor Bouwrecht, Den Haag) über die in den Niederlanden zwischenzeitlich gewonnene Praxis der Ausschreibung mit BIM-Inhalten vor, welche ebenfalls auf von Gesetzes wegen nicht obligatorischer Grundlage beruht. Hierbei wusste sie von drei niederländischen Gerichtsurteilen zu berichten, bei denen die Frage der Zulässigkeit von Anforderungen bei der Ausschreibung von BIM-Projekten eine mehr oder weniger ausschlaggebende Rolle spielte. So ging es (in der chronologischen Folge der gerichtlichen Entscheidungen) im ersten Fall um die Voraussetzung der Vorlage u.a. eines BIM-Abwicklungsplans als Teil der Zuschlagskriterien, im zweiten Fall um die Frage der Berücksichtigung eines für den Gebäudebetrieb geeigneten As-built-BIM-Modells als einer im Ausschreibungsverfahren zugelassenen Variante und schließlich im dritten Fall um die Frage der zulässigen Nutzung eines digitalen Gebäudedatenmodells als Teil der Vergabeunterlagen.
Schließlich berichtete Rechtsanwalt Ph.D. Anders Vestergaard Buch (Molt Wengel, Kopenhagen) über Erfahrungen aus Dänemark, die auf der Grundlage der dort für Planungsleistungen bestehenden rechtlichen Verpflichtung zur Ausschreibung von BIM-Inhalten bei öffentlichen Bauten (sog. „top-down-approach“) mit Kosten von mehr als 20 Mio. DKK (= 2,7 Mio. EUR) gewonnen wurden. Als eine der wichtigsten Erkenntnisse wurde hierbei herausgestellt, dass sich die Anforderung eines zu hoch angesetzten Modelldetaillierungsgrades auch aus Gründen des unter den potentiellen Bewerbern bzw. Bietern zu gewährleistenden Wettbewerbs als hinderlich erweisen kann.
2. Rechtliche Aspekte des Datenmanagements
Rechtsanwalt David Schwaninger, LL.M. (Blum & Grob) und Dipl.-Ing. FH Adrian Wildenauer (pom+Consulting), beide aus Zürich, berichteten in einem Gemeinschaftsvortrag über die rechtlichen, aber auch die praktischen Herausforderungen hinsichtlich des Managements beim Umgang mit BIM-Daten. Hierbei wurde insbesondere darauf hingewiesen, dass tunlichst bereits zu Beginn eines „BIM-Bauvorhabens“ vertraglich geregelt werden sollte, dass Daten vervielfältigt, insolvenzsicher gespeichert und auch auf andere Anbieter übertragen werden können. Des Weiteren fanden auch die bei der Umwandlung von Daten aus einem BIM-Projekt in ein für die Bewirtschaftung des Bauwerks geeignetes Dateiformat auftretenden Fragestellungen Beachtung (sog. „BIM2FM“).
Rechtsanwalt Timo Stellpflug (Taylor Wessing, Hamburg) ergänzte diese aufschlussreichen Ausführungen und komplettierte den Vortragsteil, indem er u.a. auf die Problematik der fehlenden Eigenschaft der Begründung von Eigentumsrechten an maschinengenerierten Daten aufmerksam machte.
3. Haftungsfragen
In das die gemeinsame Arbeitssitzung abschließende Thema „Haftungsfragen“ führte Rechtsanwältin Emma Niemistö (Merilampi, Helsinki) mit ihrem Vortrag ein, indem sie zunächst die vertraglichen Grundlagen eines BIM-Projekts in komprimierter Form darstellte.
May Winfield (BIM 4 Legal, London) berichtete anschließend von den im Vereinigten Königreich gesammelten Erfahrungen und insbesondere den voneinander zu unterscheidenden Verantwortlichkeiten eines BIM-Koordinators von denen eines BIM-Informationsmanagers.
Abschließend gab der Verfasser dieses Berichts einen Überblick auf die vermehrt in den Disziplinen Bauwirtschaft und Baubetrieb diskutierten weiteren Anwendungsmöglichkeiten digitaler Methoden, zusammengefasst unter dem Stichwort „Forensic Information Modeling“. Im engeren (ursprünglichen) Sinne versteht man hierunter den Einsatz von BIM zur Ermittlung der Ursachen und Zurechnung der Verantwortung für einen eingetretenen Schaden, im weiteren Sinne kann man hierunter auch allgemein die Verwendung von BIM zum Zwecke der Konfliktvermeidung und Konfliktlösung einordnen.
4. Resümee
Zusammenfassend bot die Veranstaltung gerade auch durch die Möglichkeit einer breiten Diskussion der von den Fachvorträgen vorgestellten Themen einen für die Teilnehmer äußerst gewinnbringenden Überblick über die Herangehensweisen bei der legislativen und insbesondere vertraglichen Umsetzung zur Einführung der digitalen Planungs- und Bauausführungsweise. Es bestand daher auch allgemeine Übereinstimmung darin, dass dieses neue Veranstaltungsformat unbedingt beibehalten und in zeitlich erweiterter Form spätestens auf der nächsten buildingSMART International-Frühjahrstagung im Jahr 2020 fortgesetzt wird.
* Eduard Dischke ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Bau- und Architektenrecht sowie Fachanwalt für Verwaltungsrecht und Partner bei KNH Rechtsanwälte, Berlin/Frankfurt a.M./Essen. Er ist Mitglied des Vorstands von buildingSMART Deutschland e. V. und einer der Leiter der buildingSMART-Fachgruppe Recht. In dieser Funktion ist er auch federführend für die inhaltliche Konzeption des buildingSMART-Thementag Recht verantwortlich.
Der Tagungsbericht wird im Heft 7/2019 der renommierten baurecht – Zeitschrift für das gesamte öffentliche und private Baurecht veröffentlicht.