Die Kombination von Building Information Modeling (BIM) und Laserscanning eröffnet völlig neue Möglichkeiten für Planung, Bau und Betrieb. Doch wie genau lassen sich diese Technologien in der Praxis einsetzen? Und welche Vorteile bieten sie für verschiedene Stakeholder? Im Vorfeld des Tutorials „BIM und Laserscanning“ am 17. Februar 2025 haben wir mit Referent Kai Weist über die Potenziale, Herausforderungen und Anwendungsfälle gesprochen.
Herr Weist, inwiefern sind die Technologien BIM und Laserscanning sowie deren Kombination ein Schlüssel zur digitalen Transformation im Bauwesen?
Grundsätzlich erst einmal deswegen, weil ich mit der Arbeitsmethode BIM und auch der Technologie Laserscanning, also dem Erstellen von Punktwolken, Daten erhebe oder Daten verwenden kann. Und dies über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks. So kann ich zum Beispiel im Bestandsbau, sollten mir keine Daten vorliegen, mit einem Laserscan Daten aufnehmen. Diese Daten können dann für weitere Planungen oder auch für die Erstellung von BIM-Modellen genutzt werden. Bedeutet: Starte ich sehr früh im Lebenszyklus mit der Datenaufnahme und reichere die Modelle dann durch die Arbeitsmethode BIM an, kann ich umso besser in Richtung Ausführung und Betrieb weiterdenken. Die Daten können dann nicht nur für den generellen Betrieb, sondern auch für ein effizientes Facility Management genutzt werden. Kurz: Mit beiden Technologien generiere ich Daten, die ich über den gesamten Lebenszyklus verwenden kann.
Lassen Sie uns das beispielhaft für den Bestand bitte noch etwas vertiefen.
Im Bestand liegen mir häufig veraltete Daten, Pläne und Unterlagen vor. Um hier zu Beginn einen Planungsstand aufzubauen, ist es hilfreich, mit einem Laserscan zu starten. Den Scan kann ich dann zum Beispiel in ein BIM-Modell überführen. Oder ich nutze nur die Punktwolke für die weitere Planung. Mit beiden Vorgehensweisen komme ich zu belastbaren Daten in der benötigten Qualität.
Werden Sie in dem Tutorial am 17. Februar 2025 auch Beispiele aus der Praxis zeigen?
In dem Tutorial werden wir auf jeden Fall auch Praxisbeispiele zeigen. Zum Beispiel, wie sich mit dem Scan eines Bestandbauwerks ein BIM-Modell erstellen lässt, das für die weiteren Planungen genutzt werden kann – eine Sanierungs- oder Umbauplanung oder auch einen Abriss. In allen Szenarien kann ich Dateninformationen aus einer Punktwolke ziehen und sie dann in BIM-Modelle integrieren und überführen.
Können Sie die Vorteile der Kombination von Laserscanning mit der BIM-Methode nochmals kurz zusammenfassen – je nach Stakeholder?
Für den Planer besteht ein wesentlicher Vorteil darin, dass er belastbare und transparente Daten und Informationen erhält. In der Ausführung können Bauherren Soll-Ist-Abgleiche durchführen: Wenn ich mit einem BIM-Modell geplant habe, kann ich die Ausführung anhand eines Laserscans mit dem Modell vergleichen. Und dies teilautomatisiert. Die Ausführung zu bewerten, hat dann natürlich Auswirkungen auf den Betrieb. Im Betrieb benötige ich Daten, die tatsächlich auch ausgeführt wurden. Außerdem lassen sich alle Änderungen von den Planungen über die Ausführung bis hin zum Betrieb nachvollziehen. Und auch nur mit einem Scan ohne Modell kann ich im Betrieb schon viel erreichen. Allein mit einer Punktwolke kann ich den Betrieb und seine Prozesse bereits sehr niederschwellig unterstützen.
In Ihren Antworten schwingen bereits die Begriffe Effizienz und Nachhaltigkeit mit, wenn es um das Erstellen von digitalen Zwillingen geht.
Genau. Wobei grundsätzlich das Verständnis über den Digitalen Zwilling geklärt sein muss. Für uns ist ein digitaler Zwilling ein Modell oder eine Punktwolke, in die Echtzeitdaten aus dem Bauwerk zurückgespielt werden. Wird nicht mit Realdaten kommuniziert, sprechen wir von einem digitalen Abbild. In einem digitalen Zwilling habe ich also genau das, was gebaut wurde und nutze Realdaten für unterschiedliche Verwendungszwecke. In einer Punktwolke kann ich dann beispielsweise noch sogenannte Points of Interests hinterlegen, an denen Informationen wie Datenblätter hinterlegt werden können. An diese Punkte können Echtzeiten fließen, zum Beispiel Daten der PV-Anlage oder von Maschinen. Eine noch strukturierte Datengrundlage habe ich beim Modell mit einem dahinterliegenden Datenmanagement.
Warum sollten Fachleute, die mit Laserscanning und BIM noch nicht intensiv gearbeitet haben, gerade jetzt den Einstieg wagen und richtet sich das Tutorial sowohl an Einsteiger als auch an fortgeschrittene Nutzer?
Ich würde sagen, dass das Tutorial für beide Personenkreise passt. Einsteigerinnen und Einsteiger erfahren, was sich hinter der Kombination von BIM mit Laserscanning verbirgt. Dabei ist jetzt der Einstieg passend, da es noch nicht zu spät ist und sich die gesamte Branche derzeit nach wie vor im Umbruch befindet. So lernen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, was sich allein durch Laserscanning und die Punktwolken erreichen lässt – ohne ein Modell zu erstellen. Wenn ich aber das volle Paket nutzen möchte, dann gehe ich natürlich in den BIM-Bereich und nutze beides.
Für Anwender mit Erfahrung ist das Tutorial interessant, da sie noch einmal konkrete Anwendungsfälle und Best Practices gezeigt bekommen und sehen, wie wir BIM und das Laserscanning konkret angewendet und welche Mehrwerte wir mit Kunden erzielt haben.
Prinzipiell eignen sich Laserscanning und BIM für alle Bauprojekte, egal ob Hoch-, Tief- oder Infrastrukturbau.
Ja. Es gibt auch unterschiedliche Anwendungsfälle im Tiefbau. Zum Beispiel bei der Sanierung von Rohrleitungen. Viele Kommunen verfolgen dabei den Ansatz: Wenn ich sowieso die Straße aufreißen muss, scanne ich direkt den Bestand und weiß dann, wo meine Rohrleitungen jeglicher Art liegen. Auch für große Infrastrukturprojekte, Linienbaustellen, ist der Einsatz interessant, da ich mit dem Laserscan Massen erfassen kann. So kann ich mit einer Drohne den Bestand von großen Linienbaustellen aufnehmen. Wenn ich dann Erdarbeiten durchführe, kann ich mit einem weiteren Scan die Unterschiede in den Punktwolken erkennen und habe sehr schnell eine Massenermittlung. Die Einsatzmöglichkeiten sind also sehr unterschiedlich und vielfältig.
Herr Weist, vielen herzlichen Dank für das Gespräch.
Hier erhalten Sie weitere Informationen zum buildingSMART-Tutorial „BIM und Laserscanning“ am 17. Februar 2025.
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Über Kai Weist
Kai Weist ist konstruktiver Bauingenieur mit baubetrieblicher Vertiefung sowie Inhaber und Geschäftsführer der BIM GLW und der Scala X. Kai Weist verfügt über langjährige Erfahrung in der Digitalisierung der Baubranche. Als Geschäftsbereichsleiter im Bereich BIM-Management war und ist er als operativer Projektleiter für Großprojekte wie das Überseequartier Hamburg, die Bundestagserweiterung Luisenblock Ost sowie den Neubau eines multifunktionalen Laborgebäudes sowie für weitere Großprojekte verantwortlich. Sein Fokus liegt auf der Implementierung der BIM-Methode und der Nutzung innovativer Technologien wie Laserscanning zur Bestandsdigitalisierung. Mit seiner Expertise optimiert er Bauprozesse entlang des gesamten Lebenszyklus von Bauwerken – von der Planung und Umsetzung bis hin zum effizienten Gebäudebetrieb.