Am 7. April 2025 findet das buildingSMART-Tutorial zum Thema „IDS in der Praxis - verstehen und anwenden“ statt. Im Vorfeld der Veranstaltung sprachen wir mit Andreas Kohlhaas darüber, wie IDS in der Praxis funktioniert, welche Rolle der Standard in Bezug auf IFC, IDM und LOIN spielt und welche Kenntnisse erforderlich sind, um den Standard effizient zu nutzen. Andreas Kohlhaas ist BIM-Experte und hat an vielen VDI-Richtlinien, DIN-, CEN- und GIS-Standards mitgearbeitet und BIM-Schulungskonzepte entwickelt. Er ist Referent für das Tutorial.
Herr Kohlhaas, der Standard Information Delivery Specification (IDS) ist ein vergleichsweise neuer buildingSMART-Standard. Welche zentrale Herausforderung adressiert IDS, und welche praktischen Vorteile ergeben sich daraus für BIM-Anwender?
Zunächst stellt IDS den ersten Austauschstandard für Prüfregeln dar, das heißt, IDS-Prüfregeln können zwischen Model Checkern verschiedener Software-Hersteller ausgetauscht werden und führen in der Prüfung zu denselben Ergebnissen. Damit ist die Herstellerunabhängigkeit nicht mehr nur auf der Ebene des Modellaustausches mit IFC, sondern auch auf der Ebene der Model Checker realisiert; Bauherrn, Planer, Behörden und Bauunternehmer müssen sich nicht auf ein Software-Produkt – wie bisher – einigen, sondern können das Produkt ihrer Wahl nutzen.
Geprüft werden mit IDS ausschließlich alphanumerische Informationen, Attribute und Eigenschaften, an den Bauteilen der im IFC-Format gelieferten Modelle. Das bisherige Format MVDxml für diese Anwendung war für die Implementierung in den Model Checkern und in der Anwendung für die Nutzer zu sperrig, zu kompliziert und hatte keine Abstraktion.
Abstraktion bedeutet in diesem Zusammenhang beispielsweise,
- dass nur eine IDS-Regel sowohl für mehrere IFC-Versionen 2x3, 4.x erstellt werden kann,
- man nicht an mehreren verschiedenen Stellen nach der Materialität suchen muss, sondern nur mit Hilfe der Material-Facette diese Arbeit an den Model Checker übergeben wird.
Der praktische Nutzen ergibt sich aus der Praktikabilität für Planer, Bauherrn, Behörden und Bauunternehmer. Beispielsweise stellt der Bauherr die IDS-Prüfregeln seiner Informationsanforderungen allen Auftragnehmern zur Verfügung: Niemand muss mehr Modellelementmatrizen abtippen, alle Beteiligten können ihre Modelle auf Vollständigkeit und Konsistenz prüfen.
Wie fügt sich IDS in das bestehende Normengefüge rund um IFC, IDM und LOIN ein, gibt es typische Missverständnisse oder Unklarheiten, die Sie in der Praxis häufig beobachten?
Informationsaustauschprozesse werden durch die ISO 29481 Information Delivery Manual, kurz: IDM, allgemein beschrieben, in den VDI 2552 Blättern 11.x werden diese auf Anwendungsfälle konkretisiert und DIN EN 17412 LOIN beschreibt die Informationstiefe. Insbesondere ist letztere die einzige Norm, die den geometrischen Ausarbeitungsgrad (LOG) mit alphanumerischen Informationen LOI) verbindet.
In der Praxis werden sich die Auftraggeber-Informations-Anforderungen, mit BIM-Zielen und -Anwendungsfällen, den geforderten Informationsanforderungen (als Lastenheft) und den IDS-Dateien als Dokumente der Bauherrenschaft etablieren. Planer liefern die BIM-Abwicklungspläne im Sinne von Pflichtenheften in der Konkretisierung, wie sie Anwendungsfälle umsetzen und prüfen werden. Dazu gehören dann auch Prozessbeschreibungen mit Schwimmlinien-Diagrammen (IDM).
Mit IDS gibt es dann weniger Missverständnisse bezüglich der Attribute und Eigenschaften von Bauteilen, da IDS eindeutig Datenfeldnamen, Datentypen und Wertebereiche definiert, deren fehlende eindeutige Festlegungen bisher zu häufigen Iterationen geführt haben.
Ein Schwerpunkt des Tutorials liegt auf der Erzeugung und Anwendung von IDS-Prüfregeln. Können Sie ein konkretes Beispiel aus der Praxis nennen, in dem IDS bereits erfolgreich zur Qualitätssicherung eingesetzt wurde?
Leider ist eine Kenntnis der Strukturen des IFC-Datenmodells unabdingbar. Daher wird der erste Teil des Tutorials dem Thema "IFC als Grundlage" gewidmet, um dann auch IDS erklären und verstehen zu können. Aber nur so weit, wie es zum Verständnis notwendig ist. Danach erschließt sich die Struktur und die Nutzung von IDS-Prüfregeln fast von selbst.
Die einfachsten Prüfungen sind die IDS-Regeln, die das Vorhandensein von BaseQuantities, ihre Wertebereiche und Vollständigkeit kontrollieren. Diese sind für eine korrekte Mengenermittlung unerlässlich. Aber auch Relationen, wie die Aussage "Haben Wände Fenster oder sind alle Fenster einer Wand zugeordnet?" können geprüft werden.
Generell sind Prüfungen mit IDS-Regeln die Voraussetzungen für alle weiteren Prüfungen, da fehlende Attribute und Eigenschaften zu falschen Aussagen in fachlichen Prüfungen führen können.
Nicht zu vergessen, dass die buildingSMART-Fachgruppen IDS-Dateien zu ihren Anwendungsfällen definieren, um nicht nur allgemeine Aussagen zu machen, sondern auch Standards in der Informationsanforderung zu erarbeiten.
Sie haben an verschiedenen Normungs- und Standardisierungsprojekten mitgewirkt. Wie sehen Sie die Zukunft von IDS in der internationalen BIM-Standardisierung, wird sich dieser Standard flächendeckend durchsetzen?
Die Nutzung eines Datenstandards wie IDS und IFC ist ja etwas Konkretes und praktisch Anwendbares. Zumal immer mehr Softwarehersteller dazu übergehen, IDS-Prüfregeln auch zum Import von Attributen und Eigenschaften in Autorensysteme zu nutzen. Das entspricht zwar nicht der Intention und lässt sich auch nicht mit allen Funktionen des IDS-Standards umsetzen, aber es hat schon einen großen Charme, dieselben IDS-Dateien zu Verteilung von Informationsanforderungen und zur Prüfung derselben zu nutzen. Auch bei Softwareanbietern im Ausland sieht man den Trend zur Nutzung von IDS-Dateien, auch wenn die Eigenschaften nur im Closed-BIM-Kontext genutzt werden.
Für welche Akteure – Bauherren, Planer, BIM-Manager – ist das Thema IDS besonders relevant, und welche Kenntnisse sollten Teilnehmende des Tutorials idealerweise mitbringen, um maximalen Nutzen daraus zu ziehen?
Eigentlich ist das Thema für alle relevant. Doch ein gutes BIM-Projekt fängt bei den Bauherrn an. Sie sollten zumindest um die Möglichkeiten wissen und BIM-Manager damit beauftragen können. Planer können ihre IFC-Modelle ohne besondere Kenntnisse von Model Checkern und der Erstellung der Prüfregeln vor Auslieferung testen und BIM-Manager damit vorgeprüfte Modelle einfordern und sich mehr auf ihre inhaltliche Arbeit konzentrieren.
Herr Kohlhaas, vielen herzlichen Dank für das Gespräch!
Hier kommen Sie zur Anmeldung für das Tutorial.
Zur Person
Andreas Kohlhaas hat in den letzten zehn Jahren an vielen VDI-Richtlinien, DIN-, CEN- und GIS-Standards mitgearbeitet und BIM-Schulungskonzepte entwickelt. Die praktische Umsetzung von BIM-Projekten sowohl auf Bauherren- als auch auf Planerseite in Infrastruktur und Hochbau sind sein Anliegen, wobei ihm der BIM-Mehrwert für alle Beteiligten wichtig ist. Das zweieinhalbjährige Forschungsprojekt MBO2BIM zur Digitalisierung der Musterbauordnung als Praxispartner zusammen mit der RUB führte ihn im Juni 2023 zum Unternehmen VSK Software.